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Der Malstrom der Mikroben
Konzept für eine computergesteuerte
Videoinstallation (1998)

 

Malstrom / Mahlstrom: durch die Gezeiten
verursachter, nach unten ziehender Meereswirbel 
an der  norwegischen  Küste (Lofoten).

Maelstrom
1. A violent or turbulent situation    
 2. A large violent whirlpool
 

A  whirlpool is a circular eddy or vortex that may be found in the
sea or any inland watercourse. It is formed by the meeting of two
currents or as the result of flow disruption caused by structural
anomalies within a drainage channel. The term maelstrom is used
to describe large oceanic whirlpools.
.

Beim vorliegenden Projekt geht es um einen elektronisch generierten Malstrom, in dessen gefährlichen
 nicht Schiffe sondern Mikroben, einzellige Kleinstorganismen, gezogen werden, deren wirre Bewegungen
als digitalisierte Videobilder auf einer Computer- festplatte gespeichert sind.

Mittels eines einfachen Vergrößerungsglases wird das sonst verborgene Innenleben einer Computerfestplatte
nach außen projiziert.Eine etwa 20 Minuten lange Video- sequenz mit mikroskopischen Aufnahmen von durcheinander
schwimmenden Einzellern ist auf diesem Datenträger abgelegt und wird über einen Videoprojektor in das optische
Abbild der Speicherscheibe hineinprojiziert.

Ähnlich wie sich in einem einzigen Tropfen Wasser
Millionen von Kleinstorganismen befinden können,
sind auf der spiegelglatt polierten Oberfläche eines
elektronischen  Datenträgers Millionen von digitalen
Bytes organisiert.

Computerfestplatten rotieren mit über 5000 U/min. Der
Abtastarm findet in Sekundenbruchteilen jede auf dem
Datenträger abgelegte Information. Hunderttausende
von Bytes werden in einem einzigen Augenblick von der
magnetisierten Oberfläche gelesen.

Die enormen Geschwindigkeiten der modernen Daten-
verarbeitung erzeugen einen virtuellen Malstrom aus
scheinbar unversieglichen Datenströmen.

Im Malstrom der Mikroben vermischen sich die Bits
und Bytes der Informationsgesellschaft mit den ein-
zelligen Urtierchen der biologischen Evolution zu einer
absurden Allegorie.

Bytes und Urtierchen haben eines gemeinsam: Um
mit ihnen in Kon-takt zu kommen bedarf es einer je-
weils entsprechenden Technologie, sei es nun ein
optisches oder ein elektronisches System.

Das geplante Projekt ist der Versuch durch die Ver-
schachtelung gegensätzlicher Wirklichkeits- und Ab-
bildungsebenen ein komplexes poetisches Bild zu
zeichnen, in dem eine unkontrolliert fluktuierende
Mikrowelt mit einem digital gesteuerten Bildsystem
zusammentrifft.

 

 

Ein zufallsgesteuertes Computerprogramm läßt den Schreib/Lesekopf auf der Harddisk hin und
herspringen. Die Videosequenz wird so an immer wieder anderen Einstiegspunkten abgegriffen.
Dieser nicht-lineare Echtzeit-Bildschnitt führt zu einer sprunghaften Montage, die sich mit dem
synchron zuckenden Abtastarm der Festplatte und den wirren Bewegungen der Mikroben zu einer
skurilen Komposition verdichten.

Am Anfang sind die originalen Aufahmen des Mikrobenwirrwars zu sehen. Dann werden diese
allmählich  mit verschiedenen digitalen Effekten deformiert und zeitlich be- schleunigt, bis zuletzt
nur noch eine undefinierbare, in sich selbst kreisende Masse übrig bleibt.

 

 
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Das Computerprogramm, das die Videowiedergabe von der Festplatte steuert, springt innerhalb
dieser Dramaturgie wahllos umher. Mal sind die einzelnen Kleinstorganismen identifizierbar,
mal scheint nur eine flimmernde Bildstörung erkennbar. Alle Stadien der Verfremdung bilden sich
aber aus demselben Ausgangsmaterial, sodaß trotz aller Sprünge das Kontinuum gewahrt bleibt.

Die gesamte Installation ist  für einen völlig dunklen Raum konzipiert. Die einzigen Lichtquellen sind
der Videoprojektor und ein starker Punktstrahler für die Projektion der Festplatte. Die technischen
Anlagen sind als solche belassen, sodaß eher der Eindruck eines Forschungslabor als der eines
Kunstwerkes entsteht.

Ziel ist, das nervöse Eigenleben der Festplatte und die flüchtige Vitalität der Einzeller atmosphärisch
zu verdichten und dem Besucher  einen imaginären Raum zwischen Technologie und Poesie zu öffnen.
 

Alle Rechte bei Andreas Köpnick